Juan Gelman
03.05.1930 geb. in Buenos Aires als Kind russisch-jüdischer Emigranten 
1941 Publikation eines ersten Gedichts
50er Jahre Mitbegründer der Poetengruppe El Pan Duro 
1963 Anthologie der Gruppe El Pan Duro; Gelman aus politischen Gründen inhaftiert
1964  Bruch mit der Kommunistischen Partei Argentiniens 
1973-1976 Mitarbeiter, dann Chefredakteur der 1973 von Eduardo Galeano gegründeten Literaturzeitschrift Crisis
1974 Chefredakteur der Tageszeitung Noticias 
Linksperonist; Aktivist gegen die rechtsperonistische Regierung Isabel Perón; Bedrohung durch die Alianza Anticomunista Argentina (Triple A) unter López Rega
April 1975 Exil in Rom, Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS); in den folgenden Jahren u.a. Paris, Managua, Genf, Rom, Wien, Mexiko; Übersetzer der UNESCO
Mitte 1976 Veranlassung des ersten internationalen Manifests gegen die  Militärdiktatur in Argentinien in Le Monde, unterzeichnet u.a. von Bruno Kreisky, François Mitterand, Anker Joergensen, Mario Soares, Olof Palme.
24.08.1976 Entführung seines 20jährigen Sohnes Marcelo und seiner 19jährigen spanischen Schwiegertochter María Claudia García Iruretagoyena, die im siebten Monat schwanger war;  Ermordung beider; das Kind von María wurde kinderlosen Militärangehörigen zur Adoption gegeben.
23.04. 1977 in Rom Mitbegründer des Movimiento Peronista Montonero  (MPM), deren Presse-Sekretär; Organisation des Widerstands gegen die Militärdiktatur aus dem Exil
Februar 1978 Durch einen Jesuitenpater in Rom erhält Gelman die auf sein Enkelkind bezogene Nachricht "The child was born", ohne etwas über dessen Verbleib zu erfahren
Ende 1978 Bruch mit der Organisation Montoneros wegen deren  terroristischem Extremismus; Gelman wird von der Organisation auf eine Todesliste gesetzt
25.2. 1979 Öffentliche Absage an MPM (in Le Monde)
1985 Ein Richter erläßt in Buenos Aires Haftbefehl gegen Gelman wegen seiner Mitgliedschaft bei den Montoneros
12.03.1987 Erneuerung des Haftbefehls
Juni 1987 Appell spanischer und lateinamerikanischer Persönlicheiten  an den argentinischen Präsidenten Raúl Alfonsín, den Haftbefehl aufzuheben (u.a. unterzeichnet von María Zambrano, Rafael Alberti, Camilo José Cela, Augusto Roa  Bastos) 
Okt. 1987 Graham Greene kritisiert die Verfolgung Gelmans in einem Artikel in The Independent (New York)
31.12.1987 Horacio Verbitzky und Carlos Augero (Vorsitzender der  Christlich- demokratischen Partei Argentiniens) fordern öffentlich die Aufhebung des Haftbefehls
Ende 1987 Haftbefehl wird unter Auflagen außer Vollzug gesetzt
Juni 1988 Rückkehr nach Argentinien; Mitarbeit an der Tageszeitung Página 12
08.10.1989 die Regierung Carlos Menem amnestiert Militärs und "Terroristen" (darunter Gelman)
seit 1989 Exil in Mexiko
07.01.1990 Der Leichnam des ermordeten Sohnes Marcelo wird aus einem anonymen Grab exhumiert und identifiziert (ermordet am 13. 10. 1976)
19.061997 Argentinischer Nationalpreis für Poesie; Ehrenbürger ("ciudadano ilustre") von Buenos Aires
10.10.1999 Offener Brief Gelmans an den Präsidenten von Uruguay, Julio María Sanguinetti, mit der Bitte um Hilfe bei der Suche nach dem Enkelkind
20.10.1999 Der Nobelpreisträger José Saramago richtet einen ähnlichen Offenen Brief an Sanguinetti; lebhafte internationale  Unterstützung
März 2000 Nach dem Amtswechsel gibt der neue Präsident von Uruguay, Jorge Battle, die vermutliche Identität der  Enkeltochter von Gelman bekannt und bestätigt, daß sie nach der Ermordung der Mutter von einer uruguayischen Militärfamilie adoptiert wurde.
(...) Wandte sich nach Fortführung der >poesia social< der 40er Jahre in realistisch - melanchol. Ton in den 60er Jahren sozialkrit. Themen zu und klagte bes. polit. Verbrechen an. Seit 1973 ist er um eine Verschmelzung von Engagement und Kunstpoesie bemüht. Persönl. und polit. Enttäuschungen aus der Zeit der Diktatur werden sprachschöpferisch und psychologisch eindringlich verarbeitet. Nach dem Verlust der Heimat Ausbildung einer modernen Imitation universaler Dichtungstraditionen, Anregungen aus der Bibel, provenzal. und jüd. Lyrik des MA, span. Mystikern, europ. Symbolismus, angels. und fernöstl. Dichtung. Es entstehen komplexe Integrationen sozialer, psych., sexueller und poetolog. Aspekte in extrem gereinigter, Tradition und Neuschöpfung vereinender Sprache, ohne Verlust der argent. Realität. G. wird von der Kritik als einer der besten spanischsprachigen Lyriker der Gegenwart gewürdigt.  (Der Literatur-Brockhaus)
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In der Edition ReSource ist erschienen:
Thomas M. Scheerer / Juan Gelman:
TREFFPUNKT. Fast vergessenes Fragment eines Gesprächs im Jahre 1987
Anmerkungen, bio-bibliographische Daten und von Tobias Burghardt aus dem Spanischen übersetzte Gedichtbeispiele
44 Seiten, Broschur, 12 DM, ISBN 3-930198-21-5
Bestellmöglichkeit: 

 
 Thomas M. Scheerer:
La sangre y el papel —
Eine Vorstudie zur Lyrik des Argentiniers Juan Gelman
Staub des Exils:
Juan Gelmans sephardisches Gedicht:
dibaxu / debajo / darunter
Gaby Weber:
So arbeitet die Hoffnung. Der argentinische Lyriker Juan Gelman
 Tobias Burghardt:
Verschwundene Kinder tauchen wieder auf. Die lange Suche von Juan Gelman
Neuerscheinung:
Thomas M. Scheerer: Der Skandal unaufhörlicher Schönheit. Über den argentinischen Lyriker Juan Gelman, in: Hispanorama Nr. 95, Nürnberg, Februar 2002.
Una Entrevista
Juan Gelman y su carta al presidente
El único legado que me dejó mi hijo asesinado fue encontrar al suyo
Juan-Rulfo-Preis an Juan Gelman
Respuesta al presidente Sanguinetti
Für weitere Informationen
(in Spanisch):
bitte hier klicken:
| www.literatura.org |
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AUGE

was Horatio Nelson betrifft:
an seinem Äußeren war eine noble Medaille
Sanftheit in seinem Glasauge
mit zwei Funken aus Güte

"Der Held! Der Held!" riefen ihm
zwei oder drei englische Zeitschriften zu
im schlimmsten Jahr das die Denkmäler
seit Cromwell gekannt haben

im Herbst von Nottingham
oder hinter dem British Museum
wo der Ruhm bewertet wird
dachte niemand an die Alpträume
des Admirals von Trafalgar
an die kleinen Geräusche seiner Brust
bzw. die kleinen Geräusche des Todes
bzw. die kleinen Geräusche die ihm
unter der nationalen Verehrung entwichen

deshalb schlage ich zurückhaltend und
bescheiden eine Situation vor:
Horatio hatte blaue Augen
die von Frauen träumten
und mehrere ferne Länder
hätten in diese Augen gepaßt
und eine Frau namens Emma
die ihm aus einem Auge wuchs
mit diesem Auge verliebte er sich
und sie nannten es Lady Hamilton
und im Jahr 1771
war es auch wie ein Gemälde
das er immer aufs Meer mit hinaus nahm
wie man seine verfluchten
Bruchstücke aufsucht und mit ihnen umgeht
und dieser Handel ihm erlaubt 
sich nicht um die Welt zu scheren

als er im Sterben lag
bat er um das Gemälde von Emma
um es sich in die Augenhöhle zu hängen
wie man mit seinen eigenen beiden
Augen ins Paradies eingehen will
aber der liebe Gott sagte nein
denn Auge ist Auge und Gemälde ist Gemälde
und so endete der große Admiral
wie die Einäugigen eines beliebigen Volkes 
es gibt ein tröstliches Ende
in jeder wahren Geschichte

deutsch von Tobias Burghardt

 

Dear Friends:
An international campaign of signatures in a letter addressed to Uruguayan president Jorge Batlle has began. The letter asks Dr. Batlle to take steps to find the remains of María Claudia García Irureta Goyena de Gelman, murdered in Montevideo by the security forces of the Uruguayan dictatorship; it happened in 1977 and that crime was perpetrated to steal her two-months-old little baby. The letter is one of the actions that support the proceedings initiated before a criminal court of Montevideo to find María Claudia´s body.
Please, open the | www.juangelman.org | website to add your signature and send this e-mail to your friends and correspondents. You can find information about the case in the website.
Thank you very much.
Paola Stefani.

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